Großer Erfolg der Ausstellung „INTERIORA PATENT “ auf dem Rittergut Lucklum

Gut 2100 Besucher, fast tausend Euro an Spenden für die Künstler und positive Resonanz von allen Beteiligten. Das ist die Bilanz der Ausstellung „INTERIORA PATENT “ der HBK-Klasse von Thomas Rentmeister, die ab Anfang November 2018 vier Wochen lang im Gutshaus des Rittergutes Lucklum zu sehen war.

„Wir waren überrascht und haben uns sehr gefreut, dass sich so viele Interessierte auf zeitgenössische Kunst im historischen, in der Regel nicht öffentlich zugänglichen Gutshaus eingelassen haben. Das übertraf unsere Erwartungen bei weitem“, freut sich Helmut Gockel, Geschäftsführer des Rittergutes Lucklum. „Das ist eine tolle Bestätigung – für die Künstler und für alle, die zum Erfolg der Ausstellung beigetragen haben“, so Gockel weiter. Der Landkreis Wolfenbüttel, die Braunschweigische Landschaft sowie die Hochschule für Bildende Künste (HBK) hatten das Pilotprojekt großzügig unterstützt. Das Spendenaufkommen wird nun seitens des Rittergutes, welches das Projekt durch sein Engagement erst ermöglicht hat, verdoppelt und in einen Ausstellungskatalog fließen. Er soll die Fülle der 50 individuellen künstlerischen Aneignungen des Ortes nachhaltig dokumentieren und wird voraussichtlich ab Anfang 2019 bei der HBK und in Lucklum erhältlich sein.

Neue Perspektiven und Impulse für das Rittergut
Diese Kreativität steckt uns an – so hatte es Helmut Gockel in seiner Eröffnungsrede zur Ausstellung formuliert. Beeindruckt war das Team des Rittergutes nicht zuletzt, wie die Bildenden Künstler die Historie der ehemaligen Deutschordenskommende nicht als Fessel, sondern als Möglichkeitsraum aufgefasst haben. „Die Freiheit des künstlerischen Blicks hat sich mit den Räumen verbunden, mit ihnen gearbeitet. Das war auch für das Rittergut ein Anlass, Bekanntes aus einer anderen Perspektive zu betrachten und ganz neu zu entdecken. Das wird uns sicher viele Impulse für die Zukunft geben“, betont Helmut Gockel.

Dass Kunst und Historie gar nicht so weit voneinander entfernt sind – im Hinblick auf den nicht immer planbaren Entwicklungsprozesses – , das hatte bereits der Berliner Schriftsteller Christoph Peters während der Eröffnungsfeier unterstrichen: „Das, was wir ‘Geschichte’ nennen, ist in dieser Hinsicht dem, was wir machen, wenn wir Kunst machen, gar nicht so unähnlich.“ Für die Studierenden der HBK war die Ausstellung eine spannende Herausforderung. „’Interiora patent’ wird meiner Klasse und mir nachhaltig in positiver Erinnerung bleiben“, so Thomas Rentmeister. „Die faszinierenden Räume des Ritterguts haben ihren Teil dazu beigetragen. Der große Respekt aber, der uns Künstlerinnen und Künstlern von Seiten des Veranstaltungsortes entgegengebracht wurde – unter anderem durch die Bereitstellung einer äußerst großzügigen Unterkunft –, hat dazu beigetragen, dass das Projekt zum Highlight der Ausstellungshistorie der Klasse Rentmeister wurde.“

Unschätzbarer pädagogischer Wert für die Studierenden
Das gesamte Haus inklusive Pförtnerhaus und Kirche habe der Klasse großzügig offen gestanden. Dieses Vertrauen habe die Studierenden zu Höchstleistungen angespornt, so Rentmeister weiter. Unerwartet hohe Besucherzahlen bei der Eröffnung und vor allem auch während der Ausstellung seien der Lohn für die viele Arbeit, die die Studierenden in die Ausstellung hineingesteckt hätten. Thomas Rentmeister betont in seinem Resümee zudem, dass die großzügige Förderung durch verschiedenste Institutionen es möglich gemacht habe, dass „Interiora patent“ fast ausschließlich mit Neuproduktionen bestückt werden konnte. „Der Lerneffekt durch die Herausforderung einer ortsbezogenen Herangehensweise auf fast 700 Quadratmetern ist von unschätzbar pädagogischem Wert. Besonders stolz sind wir darauf, dass die Ausstellung vermutlich als Pilotprojekt gelten kann, denn zumindest die Braunschweigische Landschaft hat die Förderung eines weiteren Projektes mit der HBK im kommenden Jahr angekündigt.“

Poetische Installationen und feinsinnige Inszenierungen
Auch die Besucher ließen sich von dieser positiven Stimmung anstecken – von der Energie, dem spürbaren Aufbruch, dem ortsspezifischen Ansatz und von der hohen Qualität der Klassenausstellung. Zahlreiche Arbeiten haben sich mit der Dichotomie von öffentlicher Repräsentation und dem Privaten, dem alltäglichen Leben im geschichtlich getränkten, aber vom Interieur weitestgehend leeren Räumen des weitläufigen Gutshauses auseinandergesetzt. Die Installation im Badezimmer der ehemaligen Gutsherrschaft, wo Josephine Garbes Keramiken an die flüchtige Berührung von Menschen erinnerten, verwies auch auf eine Kernfrage der Ausstellung: Wie gestaltete sich das Leben auf dem Rittergut, wer lebte hier? Die hellblaue überdimensional große Kette von Agathe Borbe begeisterte im Treppenhaus des Gutshauses in ihrem Spiel mit den historischen Gegebenheiten. Das von orangenem Licht erfüllte Pförtnerhaus, eine Arbeit von Gian Luca Cadeddu, lockte den Besucher mit einer Verheißung des Blicks in das Innere des Gebäudes und entzog sich gleichzeitig mittels Bewegungsmelder. Die Spuren des Vergangenen legte Matej Bosnić in seiner poetischen Rauminstallation mit historischen Fensterfriesschabraken sorgsam frei und inszenierte feinsinnig, teilweise mit industriell gefertigtem Material, ihre Aura.

Die Ausstellung „INTERIORA PATENT“, entwickelt unter Leitung von Professor Thomas Rentmeister in Zusammenarbeit mit Kunsthistorikerin Elisabeth Vorderwülbecke vom Rittergut Lucklum, hat eine für alle Beteiligten überraschende Strahlkraft und Energie entfaltet. Diese könnte sich in Kooperation der Braunschweigischen Landschaft mit der HBK – so Anna Lamprecht, Geschäftsstellenleiterin der Braunschweigischen Landschaft – auch auf andere Gebiete übertragen lassen. Erste Ideen liegen bereits vor, man darf gespannt sein.

Fotos: Matej Bosnić