In unserer Serie #Lindenallee-Geschichten geht es um die Beweggründe, die hinter den Widmungen zu den jeweiligen Bäumen stehen. Eine ganze Reihe der insgesamt 130 Baumpaten hat uns dazu Einblicke gewährt.
Wo alles begann: Anna und Gustav Neddermeyer
Wenn Manfred Löffler an seine Großmutter Anna zurückdenkt, dann leuchtet ein verschmitztes Lächeln auf seinem Gesicht auf: „Eine großartige Frau, lebensfroh und sehr aktiv. Sie liebte das Theater und war sehr gebildet. Sie und der Großvater waren damals sogar Mitglieder des ‚Karnevalsvereins der Rheinländer’ in Braunschweig, reisten viel und feierten gern.“ Warum er und seine Familie Anna eine Linde widmeten, das liegt aber auch an einer Geschichte, die immer wieder gerne erzählt wird: Denn die Lindenallee in Lucklum war schon damals eine beliebte „Flaniermeile“ – und auch ein idealer Treffpunkt für junge Leute. Wie zum Beispiel für Anna (*7. September 1879) und Gustav Neddermeyer (*15. Mai 1876), die sich dort zu heimlichen Treffen verabredeten.
Wo genau sich die Wege der beiden zum ersten mal kreuzten, das kann auch Manfred Löffler nicht mehr sagen. Soviel ist aber sicher: Gustav absolvierte in Lucklum seine Ausbildung zum Kunstgärtner, vergleichbar mit der Tätigkeit von Garten- und Landschaftsbauern heute. Vermutlich war dieser Ausbildungsplatz den familiären Verbindungen nach Lucklum geschuldet, denn dort lebte Gustavs Großmutter Wilhelmine, eine geborene Kohlstock. „Jeden morgen machte Gustav sich auf den Weg von Sickte nach Lucklum zum Betrieb des Obergärtners Möller, vermutlich mit dem Rad oder sogar zu Fuß, denn ein Rad war sicher damals um die Jahrhundertwende eher ein Luxusartikel“, so Löffler. Irgendwann muss Gustav dann Anna, eine geborene Jahns, kennengelernt haben. „Sie arbeitete damals als Hausmädchen in Lucklum, das war zu der Zeit ja so üblich, um zu lernen, wie man kocht und einen Haushalt führt.“ Ihr Zuhause teilte sich Anna mit zehn Geschwistern. Da bot die romantische und idyllische Lindenallee eine gute Gelegenheit, um den jungen Gustav näher kennen zu lernen. „Tja, irgendwo in der Lindenallee muss es dann richtig geknallt haben zwischen den beiden“, drückt es Manfred Löffler sehr bildhalft und mit einem Augenzwinkern aus.
In der Orangerie der Herzogin
Verliebt in der Lindenallee, verlobt und dann verheiratet zog es die Familie Neddermeyer nach Braunschweig. Gustav betrieb in der Frankfurter Straße eine eigene Gärtnerei. Und war dort sogar für höchste Kreise tätig. „Mein Großvater kümmerte sich bei der Herzogin, Viktoria Luise von Preußen um die Orangerie. Er hatte dabei auch höchstpersönlich mit ihr zu tun und wurde per Handschlag begrüßt“, weiß Manfred Löffler. 1944 dann der Schock: Das Haus wurde ausgebombt, die Familie musste nach Holzminden umziehen, wurde später evakuiert nach Gardessen. Eines der Kinder, Tochter Margarete, zog später in das Haus eines der Brüder von Gustav in Sickte. Dort lebt ihr Sohn, Manfred Löffler, heute mit seiner Ehefrau Evelin.
Auf die Idee zur Widmung kam seine Tochter Wiebke, die gemeinsam mit drei anderen, langjährigen Freundinnen ebenfalls eine Patenschaft für einen Baum übernommen hat: „Wir haben unseren Vater mit der Widmung zum Geburtstag überrascht. Das war nicht nur eine riesige Freude für ihn, sondern auch für uns alle ein Anlass, die Familiengeschichte zu erforschen, alte Fotos anzuschauen und Zeit zusammen zu verbringen.“ Die Nachfahren von Anna und Gustav werden also auf jeden Fall auch wieder auf der Lindenallee auf- und abflanieren. Schön, wenn sich der Kreislauf auf diese Weise schließt.
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