Unter dem Titel „Bedeutsame Belanglosigkeiten“ veröffentlichte der Architekturhistoriker Lampugnani 2019 eine Sammlung von 22 Betrachtungen kleiner, charakteristischer Objekte wie dem Trottoir, dem Kanaldeckel oder dem Mülleimer im Stadtraum. Er erzählt ihre Geschichten von Entwicklung, Nutzung oder auch Verschwinden und sensibilisiert den Leser für das, was unsere gestaltete Umgebung auch im Kleinen individuell macht. Angeregt durch Lampugnani begeben wir uns in unregelmäßigen Abständen auf Spurensuche in Lucklum. Was können uns Dinge wie alte Dachtrichter, Schilder oder ein Plumpsklo über den Alltag berichten?

Wasserspeier: Schutz vor Dämonen und dem Teufel

Wer macht es schon gerne? Verstopfte Regenrinnen von Laub und anderem befreien, damit das Wasser über Trichter und Fallrohre ungehindert abfließen kann, ohne das Gebäude zu beschädigen. Beim sogenannten Beamtenhaus auf dem Rittergut wurden diese vor ein paar Wochen gereinigt und ein alter Dachtrichter ersetzt. Der sechseckige, kastenförmig ausgebildete Trichter mit breitem Wulst weist zahlreiche Verwitterungs- und Reparaturspuren auf – nicht zuletzt bei der „Hauptansicht“, die ein vierzackiger, plastischer Stern verziert. Der Stern beziehungsweise eine Metallplatte, verdecken die kreisrunde Öffnung eines ehemaligen, mit einem Tierkopf ausgebildeten kleinen Wasserspeiers, wie sie noch teilweise am Gutshaus und an der Kircheh zu finden sind.

Gebäude vor Unheil bewahren
Wasserspeier hatten ursprünglich die praktische Funktion Regenwasser möglichst vom Gebäude fernzuhalten. Diese Aufgabe verloren sie – wie beim Beamtenhaus – aber zunehmend durch den Einsatz von Fallrohren. Hinzu kam aber lange Zeit auch eine symbolische Bedeutung: Die Ausgestaltung der Wasserspeier mit grotesken Wesen oder Tieren, wie wir sie von unzähligen Sakralbauten kennen, sollte die Gebäude vor Unheil, das heißt vor Dämonen und/oder vor dem Teufel, schützen. Ob diese Vorstellung für Lucklum noch relevant war, ist fraglich, geschätzt wurde sicher die Schmuckfunktion.

Stilelement für Gebäude
Die Dachtrichter tragen neben ihrer Funktion als ein Stilelement zum spezifischen, ästhetischen Gesicht der Gebäude bei. „Wie das Land, so die Dachrinnen“ heißt es in einem Klempner-Magazin (2011). Dort wird beispielsweise auf den Einsatz von sogenannten englischen Rinnen aus Blei verwiesen, die im Paris des 19. Jahrhunderts Verwendung fanden. Mittels eines größeren Durchmessers konnte die Anzahl der Fallrohre reduziert werden und so wurde die Sicht auf reich verzierte Fassaden weniger beeinträchtigt. Leider wissen wir bislang die in Lucklum zum Einsatz gekommenen Trichter nicht genauer zu datieren.