Zu einem Ortstermin hatten der Landkreis Wolfenbüttel und die Landwirtschaftskammer Niedersachsen die Landwirtschaftsministerin für Niedersachsen, Barbara Otte-Kinast, eingeladen. Sie präsentierten Strategien und erste Projektideen, mit denen die Klimaanpassung der Landschaft in der Region gefördert werden soll. Insbesondere das Konzept „Blueing“ sowie das „Agroforsten“ auf Flächen des Rittergutes standen dabei im Mittelpunkt.

Landkreis und Rittergut stellen Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast neue Ansätze zum Klimaschutz vor

Mit neuen Konzepten beabsichtigen verschiedene Akteure aus dem Landkreis Wolfenbüttel, die Land-, Forst- und Wasserwirtschaft zu unterstützen, um sie für die vielfältigen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu stärken und widerstands- sowie anpassungsfähig zu entwickeln. Derzeit befinden sich die Überlegungen in der Phase der Sondierung, um zu schauen, wie im Landkreis Wolfenbüttel sogenannte „Klima-Landschaften“ konkret entstehen können. Erste Strategien und Projektvorschläge gibt es bereits. Diese wurden Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast nun bei Feldrundgängen sowie einem anschließenden Termin auf dem Rittergut Lucklum vorgestellt und diskutiert.

Wasser – essentiell für unsere Ökosysteme
Der Landkreis Wolfenbüttel möchte dabei zur Modellregion für „Blueing“ werden. Dieses Konzept wurde von Ina Küddelsmann im Rahmen ihrer laufenden Doktorarbeit entwickelt und stellt die Bedeutung des Wassers als systementscheidenden Faktor für alle Lebensentfaltungs- und -erhaltungsprozesse in den Vordergrund. „Blueing“ fußt auf der Erkenntnis, dass „blaue“ Landschaften und Landnutzungen eine Vielzahl wichtiger Ökosystemleistungen erbringen können. Dazu gehören Klima-, Biodiversitäts-, Boden-, Gewässer- und Luftschutz – alles Voraussetzungen für eine sichere Bereitstellung von Trink- und Nutzwasser, Lebensmitteln und pflanzlichen Rohstoffen. Gehölz- und humusreiche sowie biodiverse Landschaften und Böden speichern Wasser sowie Nähr- und Mineralstoffe, können die Oberflächentemperaturen regulieren und der Entstehung von Stürmen, Starkregen, Überschwemmungen oder Dürren entgegenwirken. All dies sichert die Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen.

„Agroforsten“ als Pilotprojekt
Das erste konkrete Projekt soll in der Landwirtschaft starten: mit dem „Agroforsten“ auf Flächen des Rittergutes Lucklum. Beim „Agroforsten“ werden Gehölze mit Ackerkulturen und/oder Tierhaltung auf ein und derselben Fläche kombiniert, sodass zwischen den verschiedenen Komponenten ökologische und ökonomische Vorteilswirkungen entstehen. Ausgehend von in Lucklum entstehenden Agroforstflächen soll der Versuch unternommen werden, ein erstes, zusammenhängendes „blaues“ Wassereinzugsgebiet im Bereich der Wabe zu entwickeln. Das soll verschiedene „blaue“ Möglichkeiten der Landnutzung zeigen. „Lucklum könnte dabei künftig nicht nur als Pilotprojekt für Klimalandschaften, sondern auch als Ort des Austausches, der Begegnung sowie der Bildung rund um dieses Thema, aber auch um Ernährung, Landwirtschaft und Klimaschutz eine zentrale Rolle spielen“, so Helmut Gockel, Geschäftsführer des Rittergutes Lucklum.

Enge Zusammenarbeit mit Landeigentümern
Ein weiteres „Blueing“-Projekt und ein Ansatz für eine großes „blaues“ Teilgebiet könnte die Entwicklung des ehemaligen Niedermoores „Großes Bruch“ im Süden des Landkreises sein. Aber auch andere geeignete „Blueing“-Standorte und -Projekte sollen synchron angeregt werden. „Seit vielen Jahren arbeiten Landkreis, Landwirtschaft und Umweltverbände vertrauensvoll zusammen – das sind gute Voraussetzungen für unsere ‚Blueing‘-Projekte. Ein enger Dialog mit den Flächeneigentümerinnen und -eigentümern ist wichtig, damit wir Landschaften entwickeln können, die dem Klimawandel widerstehen“, betonte Landrätin Christiana Steinbrügge. „Dazu gehört auch ein angemessener finanzieller Ausgleich für ‚blaues‘ Handeln oder die Bereitstellung von Ersatzflächen“, so Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Mit „Blueing“ wolle man zudem an die Haltung hinter dem Nieder­sächsischen Weg anknüpfen sowie an bereits bestehende langjährige und gute Kooperationen im Landkreis Wolfenbüttel wie etwa das Netzwerk „Klima-Landschaften“.

Ministerin Barbara Otte-Kinast stellte heraus, dass die begonnene Zusammenarbeit vieler Akteurinnen und Akteure ganz im Sinne des laufenden Prozesses zu einem Gesellschaftsvertrag „Landwirtschaft. Ernährung. Zukunft. Was kommt morgen auf den Tisch?“ Pilotcharakter habe. „Mit dem Gesellschaftsvertrag wollen wir erreichen, dass durch das Zusammenwirken vieler gesellschaftlicher Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette ein neues Denken und Handeln ermöglicht wird, um die Ökosystemleistungen und die Produktion von gesunden, bezahlbaren Lebensmitteln in lebenswerten, gesunden und klimaresilienten Landschaften zu sichern. Das Konzept des ‚Blueing‘ und das hier gestartete Projekt ‚Agroforsten‘ können darüber hinaus neue Ansätze zur Einkommenssicherung in der Landwirtschaft und zum Erhalt unserer Betriebe liefern.“.

Foto oben:
Landrätin Christiana Steinbrügge überreichte Ministerin Barbara Otte-Kinast ein Positionspapier (vordere Reihe, von links): Sven Volkers, Florian Rehm, Barbara Otte-Kinast, Christiana Steinbrügge, Andreas Memmert.

Foto: Rittergut Lucklum