Beim letzten Mal haben wir uns im Rahmen der Serie Detail-Reich den Ziegeln in Lucklum gewidmet. Dieses mal wenden wir nun den Blick auf den Boden, genauer gesagt auf historische Pflasterflächen. Sie prägen das architektonische Gesamterscheinungsbild und damit die Unverwechselbarkeit eines Ortes wesentlich mit. Haben Sie schon einmal auf den alten Steinbelag im südöstlichen Bereich des Großen Wirtschaftshofes geachtet?

Als noch Kutschen und Ackerwagen vorfuhren

Im Großen Wirtschaftshof in Lucklum, wo wir den freien Blick auf die Wabe, die wunderbar angelegte Pferdeschwemme und die alten Kastanien genießen, fallen die Gossen und die Pflasterung an der Süd-Ostseite des ehemaligen Kuhstalls nicht sofort ins Auge. Sie erzählen aus der Zeit, als der untere Teil des Hofes rege als Wirtschaftsfläche genutzt wurde: Kutschen und Ackerwagen fuhren vor, Heu wurde auf den Dachboden befördert oder Holz zur Stellmacherei gebracht. Dementsprechend war eine befestigte Fläche sinnvoll und ausgepflasterte Gossen dienten der gezielten Wasserableitung in die Wabe. Teile der Hoffläche sowie der Gossen wurden aus sogenannten Lesesteinen gebaut.

Lesesteine sind unbehauene Feldsteine – häufig auf dem Acker mühsam von Tagelöhnern aufgelesen. Leider wissen wir nicht genau, wann die Flächen in Lucklum mit Lesesteinen gepflastert worden sind, aber es spricht einiges für eine Datierung in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Bei ihrer Verwendung auf größeren Flächen oder als Straßenbelag wurden zur Untergliederung oft Gurte eingebaut. Diese halfen eine ausreichende Spannung im Verband zu halten. Nach dem Verlegen wurden die Fugen mit Sand gefüllt – in Lucklum ist ein Teil der Fläche mit Gras bewachen.

Bruchsteinpflaster für weniger Fahrgeräusche
Für die Räder der Fuhrwerke waren Lesesteine allerdings aufgrund der größeren, unregelmäßigen Fugen weniger geeignet als behauene, näher aneinander liegende Bruchsteine. Da Bruchsteinpflaster aufgrund der kleineren Fugen zudem die Fahrgeräusche reduzierte, wurde dieses zum Ende des 19. Jahrhundert immer beliebter. Dieses Material findet sich in Lucklum beispielsweise als Pflaster in Richtung Bauscheune. Die stetige Motorisierung führte dann dazu, dass dieses Material zu Beginn des 20. Jahrhunderts Stück für Stück durch Teer beziehungsweise Asphalt abgelöst wurde.

Die Kunstfertigkeit des Verlegens von Lesesteinen oder auch behauenem Pflaster lässt uns heute oft nicht mehr an die harte, zeitraubende Arbeit der Steinsetzer denken. Das Natursteinpflaster erfreut uns mit seiner Lebendigkeit, seiner Patina. Für die Umsetzung der Barrierefreiheit, aber auch für schickes Schuhwerk ist historisches Pflaster immer auch eine Herausforderung. So bedarf es eines komplexen Abwägungsprozesses zwischen denkmalpflegerischen Aspekten und moderner Nutzung, wie im Einzelfall mit alten Belägen umzugehen ist.