Turmuhr Rittergut Lucklum

Wenn Uhren stehenbleiben, dann ist oft der Gang zum Juwelier angesagt. Wenn Turmuhren hingegen nicht mehr laufen, dann müssen Fachleute den Aufstieg zur Uhr in der Glockenstube antreten. In Lucklum steht diese, zum speziellen Verdruss von Ortsheimatpfleger Wolfgang Haberland, der sich seit Jahren um die Uhr kümmert, seit einiger Zeit still. Sie zeigt 24 Stunden am Tag die gleiche Zeit an: 7.21 Uhr bzw. 19.21 Uhr an. Das kann ja nicht so bleiben!

Historische Uhren bewahren

Unsere Überzeugung, dass unsere alte Uhr, die höchstwahrscheinlich aus den Jahren 1910/11 stammt, nicht schnell durch eine neue elektrische Uhr ersetzt werden soll, teilt auch Jonathan Speer, Studierender im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen-Bau an der TU Braunschweig. Im Rahmen seiner 26-wöchigen Studienarbeit untersucht und dokumentiert er momentan den Ist-Zustand der Turmuhr, benennt die Ursachen für den dysfunktionalen Zustand und erarbeitet die Möglichkeit einer Reparatur. Dazu kommt noch eine bautechnikgeschichtliche Einordnung der Turmuhr, die in der Firma J. F. Weule in Bockenem hergestellt wurde und die wie andere als Weule-Uhr bezeichnet wird.

Kleine Meisterwerke der Technik
Die Firma Weule, gegründet im Jahr 1836, hatte einen hervorragenden Ruf als Turmuhrenbauer. Immer wieder wurden Neuerungen im Bereich der Uhrentechnik wie auch der Produktion eingeführt. Aus der ganzen Welt wie auch aus unserer Region erhielt die Firma Aufträge. Nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1953, ging die Firma in Konkurs. Ihre Turmuhren, kleine Meisterwerke der Technik, verrichten seitdem ob in Rathäusern, Bahnhöfen oder Kirchen aber weiterhin ihren Dienst. In Lucklum zeigt die Uhr seit über 100 Jahren an der höchsten Stelle des Ortes für alle Dorfbewohner öffentlich die Zeit an – also auch zu der Zeit als noch nicht jeder eine Armbanduhr besaß oder mit dem Blick aufs Handy die Zeit prüfen konnte. Jedoch verringert sich der Bestand an historischen Uhren – im Rahmen einer Modernisierung sind viele Exemplare schon ausgetauscht worden, auch weil die Kenntnisse fehlten.

Weule-Uhren sind eigentlich “unkaputtbar”
Das Wissen um die Mechanik dieser Uhren wahrt und pflegt das Uhrenmuseum in Bockenem mit seinem Museumsleiter Hans-Jörg Drake. Herr Drake erklomm dieser Tage in Begleitung von Dr. Sebastian Hoyer (Institut für Bauwerkserhaltung und Tragwerk der TU Braunschweig), Holger Mielich (Landeskirchenbauamt), Wolfgang Haberland und Jonathan Speer den Kirchturm. Gemeinsam diskutierten sie über die Ursachen der Störung: „Wir müssen das Ding hinkriegen“ so der 80-jährige Drake, denn Weule-Uhren seien „unkaputtbar“. Der produktive Austausch zwischen Museumsleiter, TU Braunschweig, Landeskirchenbauamt und Ortsheimatpfleger, zwischen Jung und Alt, zwischen ehrenamtlich Aktiven und Wissenschaftlern hat eine ansteckende Energie. Nachhaltige Lösungsansätze werden erarbeitet. Nun hoffen wir, dass wir im Laufe des Jahres vermelden können: Die Uhr läuft und läuft …!

Foto oben:
Experten vor Ort (v.l.): Dr. Hoyer, Herr und Frau Drake, Wolfgang Haberland, Jonathan Speer und Holger Mielich.
Foto: ibt TU BS