Das erste Biotop für Wildkatze und viele andere Arten im Rahmen einer landesweiten Biotopvernetzung stellten jetzt die Beteiligten in einer gemeinsamen Pressekonferenz auf dem Rittergut Lucklum vor. Auf einer über zwei Hektar großen Fläche mit einer Länge von 1.400 Metern wurde ein Heckensystem angepflanzt, das wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen schaffen und den Wechsel zwischen Revieren und Gebieten ermöglichen soll.

Landkreis und BUND schaffen Biotop für Wildkatze und Co.

Rund 3.170 einheimische Baum- und Straucharten wie etwa Wildbirne, Feldahorn Hainbuche, Hasel, Weißdorn, Schlehe oder Wildrose sowie viele Blühpflanzen auf einem Saumstreifen zu beiden Seiten werden im Biotop für optimale Bedingungen sorgen. Ein erster Abschnitt des Heckensystems wurde bereits im Herbst 2019 fertiggestellt. Zwei weitere Flächen folgen. Ziel ist es nicht nur, die Lebensbedingungen im Biotop selbst zu verbessern, sondern auch Wanderungsbewegungen der Arten von einem Natur- oder Landschaftsschutzgebiets ins andere zu ermöglichen und so dem Aussterben isolierter Populationen entgegenzuwirken.

Landwirtschaft, Naturschutz und Landkreis arbeiten zusammen
Um die Realisierung des ersten Biotopvernetzungprojektes dieser Art zu ermöglichen, arbeiten alle Beteiligten partnerschaftlich zusammen: Naturschutzverbände, der Landkreis Wolfenbüttel (Untere Naturschutzbehörde), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie das Rittergut Lucklum. Der BUND unterstützt das Projekt mit seiner Expertise sowie einem Betrag von 40.000 Euro. Das Rittergut Lucklum stellt die Flächen kostenfrei zur Verfügung. “Als Landwirte und Grundstückseigentümer sehen wir uns bei Umweltthemen besonders in der Verantwortung. Es gab im Prozess viele Hürden zu überwinden. Im engen Dialog unter anderem mit dem Landkreis konnten wir jedoch alle Problem lösen. Wir sind zuversichtlich, dass dieses Biotop im wahrsten Sinne des Wortes Früchte tragen wird“, so Helmut Gockel, Geschäftsführer des Ritterguts Lucklum.

Wolfenbütteler Ideen und Projekte machen auch auf Landesebene Schule
Die Biotopvernetzung ist erklärtes Ziel im Bundesnaturschutzgesetzt, aber auch im Masterplan Naturschutz des Landkreises von 2016. „Ich bin dankbar, dass wir im Landkreis Wolfenbüttel seit vielen Jahren diesen kooperativen Weg gehen: Landwirtschaft, Naturschutzverbände und Landkreis sitzen als Partner an einem Tisch und suchen gemeinsame Lösungen – so wie für dieses Projekt“, sagt Landrätin Christiana Steinbrügge. Was im Landkreis Wolfenbüttel schon lange gelebt wird, macht nun auch auf Landesebene Schule: Mit dem „Niedersächsischen Weg“ vereinbarten Landwirtschaft, Naturschutz und Politik konkrete Maßnahmen für einen verbesserten Natur-, Arten- und Gewässerschutz. Eines der Ziele: die Biotopvernetzung auf 15 Prozent der Landesfläche ausweiten.

Partnerschaft auf Augenhöhe
Auch Olaf Lies, Umweltminister in Niedersachsen, betonte, wie wichtig die Zusammenarbeit aller Akteure bei diesem und vergleichbaren Projekten zum Arten- und Naturschutz sei. „Lokale Projekte wie diese sind enorm wichtig, denn sie füllen den Niedersächsischen Weg mit Leben.“ Mit Blick auf die vom Rittergut zur Verfügung gestellten Flächen erklärte er seine Wertschätzung dafür, „wenn Unternehmen für mehr Verantwortung übernehmen als für das, was sie als Unternehmen tun.“ Hinsichtlich der für die Biotopvernetzung nötigen Flächen stellte Lies klar: „Wir wollen mit unseren Partnern auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Wenn der Landwirt auch Landschaftswirt ist, dann müssen wir das auch bezahlen.“

Exkurs: Warum vernetzte Biotope?
Eine bessere Biotopvernetzung ist für viele Tierarten essentiell. Untersuchungen haben gezeigt, dass vegetations- und strukturverarmte Landschaften Wildkatzen daran hindern, in entfernte Waldgebiete und neue Reviere zu wechseln. „Der neue Wildkatzenkorridor zwischen Elm und Asse ist ein wichtiges Puzzlestück für den Erhalt dieser Art in Niedersachsen“, betont Professor Dr. Michael Rode, stellvertretender Landesvorsitzender des BUND Niedersachsen. „Denn die Waldgebiete in der Region liegen inselartig verteilt, umgeben von einem Netz aus immer dichteren Verkehrswegen, Siedlungsbändern und intensiv genutzten Agrarlandschaften. Ohne Deckung begeben sich die Wildkatzen im Winter nicht auf die Suche nach einem neuen Partner. Die Einrichtung von grünen Korridoren verringert das Risiko auf den Wanderungen erheblich und fördert den notwendigen genetischen Austausch von isolierten Tierpopulationen untereinander. Nur dadurch hat die Wildkatze langfristig eine Überlebenschance.“ Der BUND setzt sich seit 15 Jahren für den Schutz der Wildkatze in Niedersachsen ein.

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Setzen sich für die Biotopvernetzung ein (von links): Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies, SPD-Landtagsabgeordnete Dunja Kreiser, Bürgermeister Heinrich Füchtjohann, Landrätin Christiana Steinbrügge, Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Florian Rehm, Eigentümer des Rittergutes Lucklum, Helmut Gockel, Geschäftsführer des Rittergutes, Michael Rhode, BUND Hannover, und FDP-Landtagsabgeordneter Björn Försterling.