Vor kurzem wurden in der Gutskirche auf dem Rittergut Schloss und Schlüssel passgenau von einem Münchener Restaurator instandgesetzt. Das Schloss der Kirchentür aus Lucklum, das ins späte 18. Jahrhundert zu datieren ist, war im Laufe der gut 200 Jahre arg mitgenommen worden – unter anderem durch die lange Benutzung sowie die nicht fachgerecht ausgeführte Reparaturen des Schlosses und ebensolcher Anfertigung von Ersatzschlüsseln. Dass Schlüssel aber nicht nur eine rein praktische Bedeutung haben, zeigt eines der Embleme in der Kirche. Es ist Teil der herausragenden und äußerst umfänglichen Lucklumer Bild- und Inschriftenausstattung aus dem frühen 18. Jahrhundert, die insgesamt übrigens 156 Sinnbilder mit 210 Inschriften umfasst. Aber, was hat der Schlüssel auf dem Bild nun zu bedeuten?

Die verborgenen Dinge offenbart er

Faktisch ist ein Schlüssel ein Werkzeug zum Öffnen eines Schlosses. Jeder von uns benutzt ihn täglich. Wenn er griffbereit ist, wird an ihn kein Gedanke verschwendet, aber wer kennt nicht die Situation, wenn er nicht aufzufinden ist, die Zeit verrinnt, Dinge nicht erledigt werden können. Einerseits schützt ein Schlüssel, andererseits sperrt er ein. Ihm ist die Ambivalenz von Macht, Besitz, Ausschluss, Unterdrückung, Wissen, Liebe oder auch Schatz eingeschrieben. Redewendungen wie „Schlüsselerlebnis“ oder „Schlüsselkompetenz“ veranschaulichen seine symbolische Bedeutung.

Das Schlüsselamt von Petrus
Für den religiösen Zusammenhang ist ein Emblem an der Prieche* unterhalb der Nordempore in der Lucklumer Gutskirche aufschlussreich. Es zeigt einen Schlüssel mit einer kreuzähnlichen Aussparung am Bart, der an einem Haken an einer Außenwand hängt. Die lateinische Überschrift – “HOSTI NON HOSPITI CLAUDO” – hat Kirchenhistoriker und Theologe Johann Anselm Steiger wie folgt übersetzt: „Dem Feind, nicht dem Gast verschließe ich“. Steiger verbindet in seinem Buch „Sinnbilder im Sakralraum. Die Kirche in Lucklum – Ein Kompendium der geistlichen Emblematik der Frühen Neuzeit“ (2020, S. 105, mehr über das Buch und die Forschung finden Sie in diesem Beitrag dazu) dieses Motiv mit dem Schlüsselamt von Petrus. Der Apostel schließt, nach dem den Motti zugrundliegendem Werk des Augustiners Filippo Picinelli, im symbolischen Sinne die Himmelstür allein den Freunden Gottes auf. Die Unterschrift (ABDITA PANDIT) –  „Die verborgenen Dinge eröffnet/offenbart er“ – bezieht sich auf die Entschlüsselung und Vermittlung der Texte der Heiligen Schrift auch durch die Nachfolger Petri.

Wer mehr über die emblematischen Malerein in der Gutskirche erfahren möchte, der kann an einer unserer Führungen teilnehmen – und/oder das Buch zur Emblematik bei uns erwerben. Die Termine der Führungen (erster Sonntag im Monat) finden Sie hier auf unserer Homepage.

*Mit Prieche bezeichnet man in Norddeutschland vom allgemeinen Kirchengestühl abgesonderte Sitzplätze der höheren Stände einer Kirchengemeinde.